Interview mit Gf. Werner Michel zum Projekt Hof Gut Alt-Solln

Wofür steht das Hof Gut Alt-Solln?
Das inmitten des historischen Stadtteils von Alt-Solln gelegene Hof Gut verwebt die beiden Pole „Tradition“ und „moderne Wohnkultur“. Das Alte bewahren und mit der Neuzeit verbinden bedeutet, die Wurzeln zu erhalten und mit Verantwortungsbewusstsein neuen Wohnraum zu schaffen für Menschen, die Geborgenheit, Erdung und eine gewisse Weltoffenheit schätzen. Baulichen Ausdruck findet dies in der Kombination aus der Sanierung des alten Hofgebäudes und der Erstellung der zehn Neubauten, die sich respektvoll in das Denkmalensemble einfügen.

In München sind Grundstücke wie dieses rar. Wie sind Sie an dieses Schmuckstück gelangt? 
Tatsächlich ist es in München nicht gerade leicht, gleich mehrere Grundstücke in einem so sympathischen Wohnquartier zu finden. Ansonsten hatten wir natürlich zum einen Glück, zum anderen haben wir auch fleißig daran gearbeitet, die Grundstücksverkäufer, die Stadt München und die Anwohner von diesem Projekt zu überzeugen.  

Worauf sind Sie bei diesem Bauprojekt besonders stolz?
Auf eine ganze Menge (lacht)! Da ist zum einen das Baudenkmal. Eine solche Sanierung ist keine leichte Aufgabe, bindet erhebliche Arbeitszeit und ist etwa dreimal so teuer wie ein vergleichbarer Neubau. Hier braucht es Idealismus und gesellschaftliches Verantwortungsbewusstsein. Alte Gebäude sind ein Stück Kulturgut und ihnen ein zweites Leben einzuhauchen, in dem man die alte Bausubstanz ertüchtigt, ist in mehrerlei Hinsicht wirklich „nachhaltig“.
Stolz bin ich auch auf die Neubauten, die das Baudenkmal umschließen. Durch die zurückhaltende Architektur, die Angleichung von Dachform und Bauhöhe etc. nehmen sich die Neubauten respektvoll gegenüber dem Baudenkmal zurück. Dennoch stellen sie keine Kopien dar, sondern weisen ihren eigenen neuzeitlichen Charakter auf.

Was ist Ihnen wichtig in der Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern?
Wichtig ist, dass ein Team mit Freude zusammenarbeitet. Je älter ich werde, umso wichtiger wird mir eine entspannte und kompetente Zusammenarbeit. Das Leben ist zu kostbar für Streitigkeiten, Zerwürfnisse und Disharmonien. Zu vielen unserer Kooperationspartner haben wir ein sehr gutes, oft freundschaftliches Verhältnis. Das wirkt sich dann auch auf das Zusammenspiel der Baubeteiligten aus und letztendlich auf das fertige Produkt.   

„Sustainability“ ist in aller Munde. Sie nehmen das Thema „nachhaltiges Bauen“ offensichtlich sehr ernst. An welchen Stellen zeigt sich das?
Tatsächlich ist aus meiner Sicht Nachhaltigkeit eines der wichtigsten Zukunftsthemen. Bei unserem Projekt zeigt sich das zum Beispiel bei den verwendeten Materialien. Wir haben darauf geachtet, Materialien zu verbauen, die die Erde zu einem späteren Zeitpunkt wieder zurücknehmen kann. So verbauen wir kein Wärmedämmverbundsystem, das irgendwann auf dem Sondermüll landet, sondern setzen auf natürliche Ziegelbauweise mit einer mineralischen Innendämmung und entsprechendem Innen- und Außenputz. Für Fenster und Böden wird Holz verwendet und die Energie durch eine Pelletheizung erzeugt, um nachwachsende Rohstoffe für die Energieerzeugung einzusetzen. Auch bezüglich der Mobilität haben wir uns viele Gedanken gemacht und so z.B. beim 2. Bauabschnitt ein Pilotprojekt mit den Stadtwerken München gestartet. Für Elektrofahrzeuge wird eine intelligente Steuerungstechnik verbaut. Hier kann die Ladeleistung an eine mögliche Stromversorgung angepasst werden. Natürlich ist elektrisches Fahren nicht der alleinige Königsweg! Da ist die Benutzung der S-Bahn, zu der man nur 13 Minuten läuft, selbstverständlich bedeutend nachhaltiger! Große Raumkapazitäten haben wir auch in den Untergeschossen für Fahrräder vorgesehen, um den Anreiz zu schaffen, häufiger das Auto einmal stehen zu lassen. Erwähnen möchte ich in diesem Zusammenhang auch die für dieses Projekt von uns geschaffene Streuobstwiese, die Bienen und anderen Kleintieren eine Ruhezone verschafft.        

Das Hof Gut liegt im Herzen von Alt-Solln. Was zeichnet das Viertel aus? 
Alt-Solln ist geprägt von seinem historischen Dorfkern mit denkmalgeschützten Hofstellen, restaurierten Wirtshäusern, sowie dem Alt-Sollner Kircherl. Wie in den meisten anderen Stadtbezirken Münchens wurde natürlich auch hier an vielen Stellen nachverdichtet, was dem Charme des Viertels jedoch wenig Abbruch getan hat. Alt und Neu stehen hier in einer gesunden Durchmischung beisammen. Insofern fügt sich das Hof Gut in idealer Weise in das Viertel ein. Hervorzuheben ist auch der blühende Einzelhandel: Vom Wochenmarkt über die Buchhandlung, von Boutiquen bis zum Fisch-/ Obsthändler - alles ist fußläufig erreichbar. Wer doch mal echte Stadt- oder Landluft schnuppern möchte, ist in Kürze mit der S-Bahn am Marienplatz bzw. stadtauswärts im Isartal. Gerade die Nähe zur Natur macht den Stadtteil Solln für mich so lebenswert.     Das Hof Gut Alt-Solln scheint der ideale Ort für Familien zu sein. Täuscht das?
Weil sich Grundstücks-/ und Herstellungskosten in München in den letzten Jahren nahezu verdoppelt haben, findet man hier immer weniger Angebote von größeren, sprich familientauglichen Wohnungen. Mit unseren 4-5 Zimmerwohnungen und Stadthäusern wollten wir ein Wohnungsangebot speziell für Familien schaffen. Im Hinblick auf ältere Menschen war uns die Barrierefreiheit ein wichtiges Anliegen.  

Was werden Bewohner, die ihre Kindheit im Hof Gut Alt-Solln verbracht haben, über ihre Kindheit sagen können?
Meines Erachtens haben Kinder, die hier aufwachsen, die besten Voraussetzungen für eine ausgeglichene und erfüllte Kindheit. Kindergärten, Schulen und Sportvereine sind fußläufig oder mit dem Fahrrad erreichbar, so dass die Kinder sich hier ab einem bestimmten Alter frei und sicher bewegen können. Die angrenzenden Grünflächen laden zum freien Streunen und Auspowern ein. Solche Nischen sind in meinen Augen sehr wertvoll, aber in der Großstadt selten. Ich wünsche mir, dass die Kinder hier den Raum für Entfaltung finden, der ihnen zusteht.  

Wie könnte ein perfekter freier Tag rund um das Hof Gut Alt-Solln aussehen?
Morgens eine Laufrunde im angrenzenden Park starten, dann ein gemütliches Frühstück mit anschließendem Besuch auf dem Wochenmarkt oder bei Giuseppe, dem Obst und Gemüsehändler. Danach geht es entweder raus mit dem Mountain Bike in Richtung Berge oder mit der S-Bahn zu einem Einkaufsbummel zum Marienplatz. Der Abend könnte im gemütlichen Programmkino von Solln enden oder aber mit einem guten Essen in der denkmalgeschützten Stube des Alt-Sollner Hofs. Wie auch immer, das Hof Gut Alt-Solln bietet auf jeden Fall die besten Voraussetzungen für ein gutes Leben!

Interview Katrin Frische

Zum Seitenanfang